Destiny 2: Jenseits des Lichts im Test

Adventure

Zusammenfassung: Der Loot-Shooter Destiny 2 geht ins vierte Jahr und es ist noch kein Ende absehbar; Destiny 3 liegt nach der Einführung des Inhaltetresors vermutlich in weiter Ferne. Lohnt sich die Reise auf den Jupiter-Mond Europa? Wir haben die Stasis, den Tiefsteinkrypta-Raid und mehr ausprobiert. Lest unseren Test!

Inhaltsverzeichnis

Hat sich das Warten gelohnt?

Mehr als drei Jahre hat Destiny 2 auf dem Buckel und wurde seit dem Release im September 2017 um allerhand neue Inhalte erweitert. Die jüngste Erweiterung trägt den Namen Jenseits des Lichts und dieser Titel gibt den Ton für die neueste Reise in die äußeren Bereiche unseres Sonnensystems an. Denn Jenseits des Lichts hinterfragt alles, was die Hüter bislang kannten. Im Story-Kanon war bislang das Licht des Reisenden das Nonplusultra, denn schließlich hat die mysteriöse, schwebende Knutschkugel mit ihrer Ankunft das Goldene Zeitalter eingeleitet. Ein Zeitalter des Fortschritts und des Wandels. Doch dann kam die Dunkelheit, und mit ihr fiel die Menschheit.

Das Licht war immer eine Konstante, auf die sich die Hüter verlassen. Dank der Macht des Reisenden können unsere Helden immer wieder von den Toten wiedererweckt werden. Und dank des Lichts nutzen wir die Stärken der Elemente Solar, Arkus und Leere, damit wir beim Kampf gegen außerirdische Übermächte nicht nur auf unser umfangreiches Arsenal aus Gewehren, Werfern und Handfeuerwaffen angewiesen sind. Spacemagic eben. Passt doch alles, oder?

Doch die drei Fokusse jeder der drei Klassen sind mittlerweile angestaubt, gab’s sie doch in sehr ähnlicher Variante schon im Vorgänger von Bungies Weltraumoper. Etwas Neues muss her. Nur was? Dieses Neue versuchen die Entwickler nun mit Jenseits des Lichts zu erkunden, denn sie liefern die Hüter der Dunkelheit aus. Das Ergebnis: Wir dürfen das brandneue Element Stasis nutzen. Die Frage, ob das den „Verrat“ am Reisenden wert ist, versuchen wir nachfolgend zu klären, indem wir die Inhalte von Jenseits des Lichts beleuchten. Und anschließend erklären wir euch, was sich in den vergangenen Jahren noch in Destiny 2 (jetzt kaufen 5,95 € ) getan hat.

Jenseits des Lichts… 

liegt Europa. Wortwörtlich. Und zwar in zweierlei Hinsicht. Denn mit der Erweiterung sind auf dem Papier zwei neue Reiseziele hinzugekommen. Europa, der zweitinnerste Mond des Jupiters. Und das Kosmodrom im Europa auf der Erde. In der Realität sind’s eher anderthalb neue Destinationen, denn das Kosmo ist nur ähnlich umfangreich wie das Saturn-Reiseziel Titan. Zumal gab’s das Kosmodrom bereits in Destiny 1, und an das bereits bestehende Grundgerüst haben die Entwickler von Bungie nun noch ein paar Features rangeflanscht; Dinge wie Verlorene Sektoren. Aber das ist eben nichts Weltbewegendes. Widmen wir uns lieber dem brandneuen Hüterspielplatz in Jupiters Nachbarschaft: das Winterparadies Europa. Dort erwartet die abenteuerlustigen Hüter der Gefallenen-Rebell Variks, den sie schon aus dem Gefängnis der Alten kennen.

Im Rahmen der Story schickt euch Variks auf die Jagd nach Eramis, einem Kell der Gefallenen, die dem Reisenden das Licht auspusten möchte und sich deswegen der Macht der Dunkelheit hingegeben hat. Ziemlich schnell merkt ihr aber, dass nicht Variks der große Helfer der Hüter ist, sondern die Fremde Exo, die euch zur Nutzung der Dunkelheit verführt. Denn ohne die könntet ihr Eramis unmöglich besiegen. Das Ergebnis: Ihr erlernt als Käufer von Jenseits des Lichts die Stasis, ein neuer Fokus, und jagt im Anschluss auf Europa jeder Menge Verbesserungen für die neue dunkelblaue Magie hinterher. Ihr löst Aufgaben auf der verschneiten Oberfläche des Mondes wie in verschlungenen Tunnels und tiefen Kavernen.

Augenschmaus und inhaltsarm

Die sind optisch opulent und bis zum Bersten mit Gegnern gefüllt. Da wir aber im Rahmen aller Hauptstory- und anschließender Exo- wie Stasis-Aufgaben gefühlt hundertmal in die Ruinen einstiger Forschungseinrichtungen rennen, lässt die Begeisterung mit der Zeit dann doch nach. Würden nach dem Abschluss von Quests nicht noch Jagden, Kopfgelder, heroische Verlorene Sektoren und die Exo-Challenge die Minmaxing- und Grind-erprobte Hüterschaft nach Europa locken, wäre der Mond wahrscheinlich relativ schnell verwaist. Kurz und gut: Europa ist schick. Wettereffekte nehmen gar Einfluss aufs Spielgefühl, etwa wenn ein Schneesturm durch eine der Zonen fegt und die Sichtweite auf null reduziert. Oder heftige Winde den Sparrow vom Weg abdrängen. Aber irgendwie ist Europa auch „nur“ mehr vom gleichen. Insbesondere eines fehlt uns: Ein richtig großer Event für alle. Die Zorngeborenen-Jagden sind kurzweiliger als die Imperium-Jagden aus Jenseits des Lichts. So etwas wie den Altar der Sorgen vor den Toren der Festung der Schatten oder den Blinden Quell in der Träumenden Stadt gibt’s überhaupt nicht. Knobel-Dungeons wie die Prophezeiung oder die Grube der Ketzerei fehlen ebenfalls. Vielleicht kommt das noch mit einer der kommenden Saisons. Aktuell aber wirkt Europa wenig attraktiv für Feierabendspieler, die in einer halben Stunde einige Sachen erreichen und dann wieder ausloggen wollen.

Doffensives Brett

Kommen wir zur Stasis, auf die nur denjenigen Zugriff gewährt wird, die Jenseits des Lichts kaufen. Natürlich erhält jede Klasse einen eigenen Stasis-Fokus und während der Story gibt’s einen kleinen Vorgeschmack auf diese neue Macht. Erst, wenn ihr die Kampagne durchgespielt habt, bekommt ihr die Grundform des Fokus. Und erst wenn ihr danach noch allerhand Missionen erledigt habt, könnt ihr den Fokus an eure Spielweise anpassen. Grundsätzlich macht die Stasis folgendes: Mit Skills und Supers könnt ihr Gegner einfrieren, Wege mit Eismauern verbauen und gefrostete Feinde zersplittern lassen.

Über die weiteren Aufgaben erhaltet ihr dann Aspekte und Fragmente, die je nach Klasse dafür sorgen, dass etwa nach dem Zersplittern von Stasis Eisblitze zum nächsten Gegner wandern und ihn frosten. Und dann den nächsten. Und den nächsten – eine schön anzusehende und effektive Kettenreaktion. Die Stasis-Fokusse bieten aktuell und in Zukunft jede Menge Anpassungsmöglichkeiten, und sind damit die flexibelsten im ganzen Spiel. Allerdings muss man damit erst einmal warmwerden. Das Super von Jäger und Titan machen schon von Beginn an Laune. Mit dem Schattenbinder des Warlocks konnten wir uns aber lange nicht anfreunden, weil der in seiner Grundform wenig interessant ist. Das änderte sich erst mit den Aspekten, nachdem wir uns dann doch einmal dazu aufraffen konnten, die ganzen, wenig geliebten Stasis-Aufgaben zu erledigen. Wir wussten vorher nicht, dass der Schattenbinder doch noch cool werden kann. Deswegen können wir jeden verstehen, der sich nicht mit der Grundform der Stasis anfreundet und sie vorerst links liegen lässt.

Die Entwickler von Bungie mögen das anders sehen, aber Stasis ist nicht nur offensiv, sondern auch vor allem defensiv ein absolutes Brett – deswegen auch doffensiv. Das sorgt vor allem im Schmelztiegel-PvP für einige eklatante Balancing-Probleme. Das Einfrieren ist für sich schon stark. Will man sich aus der Stasis befreien, nimmt man obendrein nicht zu verachtenden Splitter-Schaden. Bedeutet: Werdet ihr im PvP von der Stasis getroffen, dann rechnet in den nächsten zwei Sekunden mit dem Tod. Während sich etwa Arkus- oder Solar-Melees überleben lassen, gibt’s bei Stasis kaum Chancen. Und deswegen frustriert Stasis im PvP oft. Vielleicht wollten die Leute von Bungie die Stasis so stark machen, damit viele Spieler Jenseits des Lichts kaufen. Eine Spielbalance im kompetitiven Bereich sollte aber dennoch drin sein.

Die Königsdisziplin

Auf Europa und im Kosmodrom gibt’s wie erwähnt ein paar neue Sektoren; die lassen sich wiederum auch in fordernden, heroischen Varianten spielen. Abgesehen davon sind ein Vex- und ein Schar-Strike dazugekommen. Bei letzterem handelt es sich, wie beim Kosmodrom selbst, um eine aufgewärmte Variante des Omnigul-Strikes aus Destiny 1. Wirklich interessant ist für Spieler natürlich der neue Raid, die Tiefsteinkrypta.

Wie gewohnt ist der kniffligste Inhalt des Space-Shooters auf Team-Kommunikation und die Handhabung Schritt für Schritt komplizierter werdender Buffs ausgelegt. Am Schluss müssen drei verschiedene Buffs zwischen den Spielern hin und her getauscht werden, ohne die etwa Kisten zur Entschärfung nuklearer Kerne nicht erkennbar werden, oder ohne die nicht die Immunität des Bosses Taniks aufgehoben wird. Dazu kommen die zahlreichen Gegnerwellen und Attacken des Endbosses, die das Chaos perfekt machen. Ein Chaos das man einfach lieben muss. Die Phasen des Raids zu meistern ist absolut befriedigend, und wie von Destiny 1 und 2 gewohnt sind die Raids das absolute Highlight für Teamplayer.

Selbiges gilt auch für den vom Loot her immer noch attraktiven Shadowkeep-Raid Garten der Erlösung, der vor allem optisch und mit einer kniffligen Tether-Mechanik überzeugt. Ein bisschen wie die Gläserne Kammer aus Destiny 1. Ach ja … Überraschung: Im Rahmen des vierten Jahres von Destiny 2 wird auch der Atheon-Raid neu aufgelegt. Veteranen sehen das mit vorsichtiger Freude. Denn der Raid war sehr beliebt. Zur Debatte steht aber, ob er genauso ins Spiel kommen wird, wie er einst war.

Das Geheimnis der Dunkelheit…

… bleibt weitestgehend ungelüftet. Die Kampagne von Jenseits des Lichts ist nur der Auftakt eines Erweiterungs-Trios, das sich mit der Dunkelheit beschäftigt, so heißt es. Wenig verwunderlich, ist dieser ultimative Feind unserer Hüter doch schon seit Beginn der Erzählung immer eine am Rande unseres Bewusstseins dräuende Bedrohung. Was genau es damit auf sich hat, versteht man nicht, wenn man nicht zumindest Festung der Schatten gespielt hat. Und Jenseits des Lichts beantwortet nicht wirklich Fragen. Auffällig ist aber schon, dass die Entwickler versuchen, die verhackstückte Story von Destiny 1 zu fixen.

Mit Forsaken kamen Uldren Sov und Petra Venj wieder ins Spiel, mit Festung der Schatten Eris Morn und nun, mit Jenseits des Lichts, sind Variks und die Fremde Exo zurück. Die Figur der Fremden erklärt immerhin das Dasein der Exo. Die Dunkelheit bleibt aber schwer greifbar. Im Vergleich zu den Kampagnen von Forsaken und Festung der Schatten, kommt die von Jenseits des Lichts ein bisschen blass und wenig atmosphärisch daher. Vielleicht liegt das einfach daran, dass nur ein Charakter versucht, uns von der Nutzung der Stasis abzuhalten, unser Geist nämlich. Alle anderen erheben zwar mahnend den Zeigefinger. Wirklich gram sind uns Zavala und Co. aber nicht. Auch die große Gefahr durch Eramis und ihre Schergen kommt nicht wirklich rüber.

Storytechnisch wird bei Bungie also tief in den Archiven (auch Inhaltetresor genannt) gegraben, um Charakteren des Spiels einen Sinn zu geben. Schließlich war Uldren ursprünglich nur der zwielichtige Bruder der Königin der Erwachten Mara Sov. Und die Fremde Exo wurde auf ein Meme reduziert. Elizabeth heißt sie übrigens und sie verfügt nun über mehr Tiefe, kann aber unsere Skepsis nicht vollends besiegen. Warum genau sollen wir uns der Stasis bemächtigen? Um Eramis zu besiegen? Das haben wir doch nun. Warum geben wir diese angeblich so schlimme und böse Macht nicht wieder auf?

Back to the Roots?

Wer erwartet, dass Destiny 2 mit drei Erweiterungen nun ein Spiel ist, das mit massiv viel Content aufwartet, der wird ein bisschen enttäuscht sein. Das Gunplay ist und bleibt unfassbar eingängig, und die Jagd auf außerirdische Hässlichkeiten macht einfach deswegen Laune. Doch die Orte für diese Jagd wurden mit Jenseits des Lichts beschnitten; einige Destinationen und dazugehörige Inhalte wie Strikes wurden aus dem Spiel entfernt, nämlich Titan, Io, Mars und Merkur. Leviathan ist geschlossen und auf Nessus gestürzt. Und die wichtigste Anpassung: Die Rote Schlacht ist weg. Wer Dominus Ghaul ist, erfahren Neulinge nicht mehr, denn der Spieleinstieg ist nun stark von Destiny 1 inspiriert. Die erzählerisch packende Kampagne um die Kabale gibt’s nicht mehr. Das sorgt wiederum dafür, dass Neueinsteiger kaum noch eine Bindung zu den wichtigsten Charakteren des Universums aufbauen, die Klassenchefs Zavala, Ikora und Cayde-6. Destiny 2 wird mit dem Austausch vieler (beim Release damals noch) neuer Inhalte immer mehr zu Destiny 1 mit einigen komfortablen Anpassungen. Das ist nicht schlecht. Doch wenn beschlossen wird, einiges an Content erst einmal wieder ins Archiv zu stecken, dann sollte man sich mit dem Aufräumen mehr Mühe geben.

Nur die aufmerksamen Spieler erfahren, warum es noch Schmelztiegel- und Gambit-Karten auf Titan oder dem Mars gibt, obwohl diese Planeten selbst Zavalas Worten zufolge im Intro von Jenseits des Lichts einfach so verschwunden sind. Nebenbei erwähnt ist das übrigens eine ziemlich lahme Lore-Erklärung dafür, warum wir etwa nicht mehr nach Io kommen. Und warum uns in manchen Strikes Cayde durch die Story führt … nun.

Grindfest

Es ist okay, wenn die Inhalte eines Spiels überschaubar bleiben, sonst wird Destiny 2, ein Lobby-Shooter mit kleiner MMO-Komponente, ein so schwer zu managendes Monster wie WoW. Dafür hat sich unter der Haube richtig viel getan. Das Mod-System nimmt signifikanten Einfluss auf das Spielgefühl. Die Charakterlevels wurden abgeschafft und durch Saisonlevels ersetzt, über die ihr regelmäßig belohnt werdet. Neue und nachvollziehbare Attribute sorgen für spürbare Auswirkungen. All die Mechanik-Änderungen können für Rückkehrer wie Neueinsteiger überwältigend sein. Aufs Wesentliche heruntergebrochen ist Destiny dennoch weiterhin die Shooter-Variante eines Loot-Grinders wie etwa Diablo; die Hüter sind immer auf der Jagd nach dem Godroll an Perks, nach der heißen, übermächtigen Beute. Wer sich nicht sicher ist, ob ihm das gefällt, kann das immerhin dank „Neues Licht“, dem Grundspiel, einfach mal völlig kostenlos ausprobieren.

Den Inhaltetresor aber sehen wir mit Skepsis. Wir spielen Destiny seit 2014 und Destiny 2 wurde nun um Content beschnitten. Die Frage ist, was in Zukunft kommt; nur halbgar aufgewärmter Kram der Vergangenheit? Die Venus aus Destiny 1, wegen der Gläsernen Kammer? Oryx‘ Besessenenschiff?

Wir hoffen, dass die Leute von Bungie ganz genau abwägen, welche Inhalte sie neu machen und welche alten Dinge sie zurückbringen. Denn sonst fühlen sich vor allem Veteranen irgendwie auf den Arm genommen. Und wenn das Drumherum sich irgendwie fad anfühlt, dann hilft auch das allerbeste Gunplay nix.

Destiny 2

0.00
8.2

Spielbarkeit

8.0/10

Design

9.0/10

Anspruch

8.5/10

Spielspaß

8.0/10

Preis

7.5/10

Pro

  • Mit den Jahren gab‘s viele sinnvolle Systemverbesserungen
  • Stasis macht Spaß ...
  • Der Raid ist absolut klasse

Contra

  • Die Kampagnen der alten Erweiterungen sind wesentlich cooler
  • Es wurden Inhalte aus dem Spiel genommen
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