F1 2020 im Test
Zusammenfassung: Mit F1 2020 möchte Codemasters die beliebte Spieleadaption der Königsklasse auf ein neues Level hieven. Das soll unter anderem mit dem neuen "Mein Team"-Modus funktionieren, in dem wir erstmals neben der Rolle des Fahrers auch die des Team-Managers einnehmen dürfen. Wir verraten euch im Test, wie gut F1 2020 im Vergleich zu den gelungenen Vorgängern und der Konkurrenz im Rennsport-Genre abschneidet.
Inhaltsverzeichnis
- Der Traum des eigenen Rennstalls
- Geld regiert die (F1-)Welt
- Mit dem elften Team an die Spitze
- Jede Menge Spielinhalt
- Trailer
- Viel Fortschritt mit altbekannten Makeln
- Ist es nun das beste F1 aller Zeiten?!
- Fazit
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung eines neuen F1-Ablegers war selten so nah am echten Saisonstart der Königsklasse. Die Welt befindet sich auch weiterhin fest im Griff der Corona-Pandemie, wodurch die Formel 1 mit fast vier Monaten Verzug an den Start ging. Die 71. Saison startete am ersten Juli-Wochenende, passend zur Veröffentlichung von F1 2020, welches nur wenige Tage später in den weltweiten Regalen ankommt.
Mit dem neuesten Teil der Reihe will die britische Rennspielschmiede Codemasters die Faszination Formel 1 besser einfangen als je zuvor. Dabei sollen unter anderem viele kleine Anpassungen beim ohnehin schon guten Spielgefühl helfen. Außerdem dürfen sich Fans über die Rückkehr des Splitscreen-Modus und die Einführung des nagelneuen "Mein Team"-Modus freuen. Wir haben uns ausführlich mit F1 2020 auseinandergesetzt und verraten euch in diesem Test, wie gut das offizielle Spiel der Königsklasse im Vergleich zur Konkurrenz und den gelungenen Vorgängern abschneidet.
Der Traum des eigenen Rennstalls
Die große und offensichtlichste Neuerung in F1 2020 ist der von Fans mit Spannung erwartete Mein-Team-Modus, in dem wir zum ersten Mal in der nunmehr über zehnjährigen Partnerschaft zwischen Formel 1 und Codemasters nicht nur die Rolle des Fahrers übernehmen, sondern auch die des mächtigen Team-Managers. Somit dürfen wir unseren selbst erstellten Rennstall als inoffizielles elftes Team in der Königsklasse des Motorsports vertreten.
Das beginnt alles noch sehr gelassen: Wir erstellen, wie auch schon aus dem Karriere-Modus bekannt, unseren Fahrer und ein Abzeichen, welches im neuen Modus passenderweise gleich als Team-Symbol fungiert. Außerdem dürfen wir natürlich unseren F1-Wagen gestalten. Tuning-Fans und penible Hobby-Designer sollten sich jedoch nicht zu früh freuen, die Anpassungsmöglichkeiten sind nämlich nett formuliert "marginal".
Insgesamt gibt es fünf verschiedene Karosserie-Lackierungen, wer sich für die "Schumacher Deluxe Edition" entscheidet, bekommt noch einmal fünf Stück oben drauf. Abgesehen davon lassen sich nur noch die Farben anpassen, das Design verschieben und anpassen ist nicht möglich. Wir dürfen nicht einmal entscheiden, wo genau sich unsere Fahrernummer auf dem Auto befindet oder in welchem Stil diese präsentiert wird. Das ist kein neuer Kritikpunkt an der Reihe, auch die Vorgänger erlaubten nur wenige Anpassungsmöglichkeiten im Design-Bereich. Das ändert sich also auch mit F1 2020 nicht. Jedoch gibt es mit dem sogenannten "Podiums-Pass" wöchentliche Herausforderungen in den Bereichen Standard, "VIP" und "Serie", mit denen sich unter anderem neue Helm-, Overall- oder Boliden-Designs freischalten lassen.
Ebenfalls für Motivation sorgen sollen spezielle Sieg-Gesten und Logo-Designs. Wer lieber den schnellen Weg einschlagen möchte, der kann sich auch "Pitcoins" mit echtem Geld kaufen und so die Auswahlmöglichkeiten bereits zu Beginn ein klein wenig erhöhen. Mikrotransaktionen gab es schon im Vorgänger, das ist also keine wirklich große Überraschung. Der Mein-Team-Modus kann aber abseits der optischen Anpassungsmöglichkeiten in vielen anderen Disziplinen mit Leichtigkeit überzeugen.
Geld regiert die (F1-)Welt
Hat man sich für einen Namen und die visuelle Erscheinung für das eigene Team und den Wagen entschieden, so kann man sich endlich mit den wirklich spannenden Aspekten des Teamaufbaus beschäftigen. Zum Beispiel, mit welchem Hauptsponsor wir ins Rennen gehen möchten. Die Formel 1 ist bekanntlich ein finanziell enorm aufwendiger Sport, in dem vor allem kleinere Teams nur mit regelmäßigen Finanzspritzen überleben können. Aus einer Vielzahl fiktiver Firmen wählen wir anhand von Faktoren wie dem Unterzeichnungsbonus, dem wöchentlichen Einkommen und einem speziellen Zielbonus den richtigen Partner für das große Ziel, Weltmeister zu werden. Der Primärsponsor sollte mit Bedacht gewählt werden, hier ergeben sich nämlich die ersten strategischen Chancen, die im Verlauf der Saison das Zünglein an der Waage sein könnten. Sind wir zum Beispiel als Fahrer weitaus begabter im Qualifying, so ergibt es für uns durchaus Sinn, einen Sponsor an Bord zu holen, der viele Überholmanöver mit einem dicken Batzen an Scheinen belohnt.
Des Weiteren sind wir natürlich auf einen Motorenhersteller angewiesen. Zur Auswahl stehen, wie auch in der originalen Königsklasse, die Hersteller Mercedes, Ferrari, Renault und Honda. Auch bei dieser Wahl gibt es viele Faktoren wie Performance, Strapazierfähigkeit und Vertragskosten zu beachten. In unserer ersten F1-Saison könnte ein finanzieller Engpass zu ernsthaften Problemen führen. Wer nämlich nicht genug Geld hat, der muss im Verlauf wichtige Abteilungen schließen oder kann schlicht wichtiges Personal nicht mehr bezahlen. Wir entscheiden uns also für den sehr "kostengünstigen" Honda-Motor – eine goldrichtige Entscheidung, wie sich später herausstellt. Das Konto im grünen Bereich zu halten, ist nämlich gar nicht so einfach, vor allem dann, wenn uns die Technik einen Strich durch die Rechnung macht oder wichtige Ergebnisse aufgrund eigener Fehler ausbleiben. Doch der Erfolg des Teams liegt nicht allein in unseren Händen. Ein F1-Rennstall geht bekanntlich mit zwei Fahrzeugen an den Start. Somit bleibt als letzte Entscheidung vor dem Saisonstart: Welches Talent möchten wir eigentlich an unserer Seite haben?
Ganz wie in FIFA können sich die aktiven Berühmtheiten des Sports in Zukunft über eine jährlich aktualisierte Wertung in Zahlenform freuen (oder aufregen). Um den gut gefüllten Fahrermarkt für Spielerinnen und Spieler übersichtlicher zu gestalten, werden die offiziellen F1- und F2-Fahrer mit einer Wertung, einem Marktwert und anstehenden Vertragskosten ausgestattet. Wenig überraschend findet sich an der Spitze der amtierender Weltmeister Lewis Hamilton mit satten 94 Punkten, aber auch viele Jungtalente der Formel 2. Die sind aufgrund ihrer recht überschaubaren Kosten für uns aber weitaus interessanter. Wir entscheiden uns nach längerem Grübeln für Tatiana Calderón, eine kolumbianische Rennfahrerin, die 2019 als erste Frau im Kader der Formel 2 vertreten war und aktuell als F1-Testfahrerin für Alfa Romeo arbeitet. Haben wir uns dann endlich durch die vielen Entscheidungen hindurchgearbeitet, so darf die etablierte Startaufstellung 2020 ordentlich durchgerüttelt werden. Zumindest ist das unser Plan.
Mit dem elften Team an die Spitze
Was Codemasters uns in Hinsicht der Gestaltungs- und Anpassungsmöglichkeiten vorenthält, das wird durch sinnvolle Erweiterungen des altbekannten F1-Prinzips und clevere Entscheidungen auf und abseits der Strecke wettgemacht. Der Mein-Team-Modus fügt sich effektiv in das über viele Jahre aufpolierte Spielprinzip ein und vollbringt obendrein das beachtliche Werk, die vielen Einzelbereiche zu einem gut funktionierenden System zu verweben. Ein offizielles Rennwochenende beginnt mit drei Trainings-Sessions. Die waren in der Vergangenheit unabdingbar für eine erfolgreiche Saison, durch den neuen Modus und den Wunsch, das eigene Team bestmöglich zu positionieren, steigt aber die Motivationskurve um ein Vielfaches. Wie auch aus der Vergangenheit bekannt erhalten wir durch Programme, bei denen wir die Strecke kennenlernen, oder uns mit Themen wie Reifenabbau und Spritverbrauch intensiver auseinandersetzen, Ressourcenpunkte. Die können wir – wie aus dem Rollenspiel-Sektor bekannt – in vier verschiedenen Skillbäumen investieren: Strapazierfähigkeit, Aerodynamik, Chassis und Antrieb.
Unsere Statements in Interviews, die Moral der verschiedenen Arbeitsbereiche und eine durchdachte Strategie bei der Verteilung der Ressourcenpunkte sind unabdingbar für unseren Erfolg. Jeder unserer Firmensektoren hat nämlich Moralwerte, die ausschlaggebend für Erfolg oder Fehlschlag geplanter Upgrades sind.
Die Stimmung in den einzelnen Bereichen beeinflussen wir durch die bereits erwähnten Interviews, aber auch unsere Aktivitätenplanung zwischen den Rennwochenenden ist ein signifikanter Faktor. Denn: Nach jedem Rennen dürfen wir unseren Kalender mit diversen Tätigkeiten füllen. Wir könnten unserer zweiten Fahrerin, Tatiana Calderón, zum Beispiel ein Reaktionstraining aufbrummen, wodurch sich ihre Fahrerstatistik erhöht. Statt ganze zwei Tage dafür zu investieren, könnten wir aber auch einen Team-Aufbau für die Aerodynamik-Abteilung planen. Der würde uns zwar satte 5.000 Euro kosten, dafür wird die Moral aber um fünf Prozent erhöht. Zuletzt gibt es noch sogenannte Fahrerboni wie eine Leistungsanalyse, Medien-Coaching oder den Ausbau unseres Social-Media-Teams. Diese Extras kosten uns zwar ebenfalls Geld, im Kontrast handelt es sich aber um recht kleine Summen und die Boni können im Verlauf der Saison einen fundamentalen Einfluss haben.
Im Idealfall sollten all diese Entscheidungen, Taten und Strategien einer klaren roten Linie folgen, denn nur so können wir uns mit viel Fleiß schrittweise an die Spitze arbeiten. Auf einem hohen Schwierigkeitsgrad kann ein spürbarer Fortschritt nämlich lange ausbleiben. Das könnte man als Kritik auffassen, wer sich aber mit dem Rennzirkus der Formel 1 auseinandersetzt, der weiß, wie schwierig es ist, sich als Topteam in der Formel 1 zu etablieren.
Die Aktivitäten sind zwar recht begrenzt in ihrer Abwechslung und wiederholen sich im späteren Spielverlauf, das ist aber ebenfalls logisch. Außerdem finden sich auch immer wieder Anfragen zur Teilnahme an diversen Sport-Events, bei denen wir hinter das Lenkrad eines Classic-Wagens gesetzt werden. Bei den Classic-Fahrzeugen werden insgesamt 16 F1-Wägen aus den Jahren 1988-2010 geboten. Mit der Deluxe Edition kommen noch einmal vier ikonische Fahrzeuge von F1-Legende Michael Schumacher hinzu. Unter anderem finden sich Fanlieblinge wie der 1991er Jordan, die Benetton-Rennwägen aus den Jahren 1994 und 1995 und natürlich der 200er Ferrari F1-2000. Die vielen Bereiche alter F1-Ableger werden also sinnvoll im neuen Spielmodus verknüpft und so funktioniert das Gesamtpaket als beste virtuelle F1-Erfahrung aller Zeiten. Natürlich darf man im Mein-Team-Modus keine vollwertige Manager-Simulation erwarten, die Faszination und der Perfektionismus der Formel 1 werden aber sehr gut von Codemasters eingefangen. Neben dem Mein-Team-Modus gibt es aber natürlich noch weitere Spielinhalte, auf die sich Rennsport-Fans freuen dürfen.
Jede Menge Spielinhalt
Wie auch schon die vorherigen Ableger der Spieleserie präsentiert sich F1 2020 (jetzt für 58,48 € kaufen) ebenfalls mit einem umfangreichen Karriere-Modus. An der klassischen Karriere wurde tatsächlich recht wenig geschraubt. Die Erscheinung erinnert stark an den Mein-Team-Modus. Abgesehen davon ist die einzige große Änderung, dass die vielen Story-Elemente rund um den sehr unsympathischen Rivalen Devon Butler ausnahmslos gestrichen wurden. Ob einem das zusagt, ist Geschmackssache, wir fanden die erzählte Geschichte zwar sehr stereotypisch und flach, trotzdem gelang es den nett inszenierten Cutscenes, den Rennsport-Alltag angenehm aufzufrischen. Wer sich also auf weitere Abenteuer mit Devon und Lukas Weber gefreut hatte, den müssen wir leider enttäuschen. Die Wahl, wie wir unsere Karriere beginnen, liegt aber weiterhin allein in unseren Händen. Der sofortige Einstieg in die Königsklasse, aber auch eine komplette oder eine kurze Saison in der Formel 2 als Karriere-Sprungbrett sind nur drei der vielen Möglichkeiten, mit denen wir die Formel-1-Erfahrung bestmöglich an unsere Wünsche anpassen können. F1 2020 ist glücklicherweise mit dem kompletten Lizenzpaket für die Formel 1 und die Formel 2 ausgestattet und bietet so alle offiziellen Strecken, Fahrer und Teams der beiden Rennklassen. Im Bereich Multiplayer macht Codemasters einen gewohnt guten Job und bietet grob dieselbe Online-Spielerfahrung, wie es schon in F1 2019 gegeben hat.
Die zwei neuen Rennstrecken, der Hanoi Circuit (Vietnam) und der Circuit Zandvoort (Niederlande) sind gewohnt gute Umsetzungen und haben es in Windeseile geschafft, uns zu überzeugen und zu motivieren, stets noch mehr aus unserer Kiste zu holen. Der Grand Prix in Vietnam besteht aus 23 Kurven. Highlight des Stadtkurses ist die 1,5 Kilometer lange Gerade, die als drittlängste des F1-Kalenders gilt – perfekt für ein intensives Rennen voller Positionswechsel. Der Grand Prix in Holland hingegen ist eine altbekannte Strecke, die F1-Fans der frühen Jahre vielleicht sogar noch kennen. Das letzte offizielle Rennen wurde im Jahr 1982 auf der Highspeed-Strecke ausgetragen. Der Kurs ist enorm anspruchsvoll und verzeiht kaum Fehler.
Lobenswert ist auch, wie viel Arbeit Codemasters in die Zugänglichkeit des Racers gesteckt wurde. Sind wir eher Gelegenheitsspieler oder mit der Welt des Motorsports vertraut? Wir können uns jederzeit zwischen den zwei Rennstilen entscheiden, die beide ein nachvollziehbares und gut geschnürtes Paket aus den vielen Fahrhilfen und Anpassungen bieten. Es ist aber auch möglich, sich eigenständig durch die Optionen zu arbeiten und so die Spielerfahrung an die eigenen Fertigkeiten bestmöglich anzupassen. Ebenfalls ist es uns überlassen, wie lange eine Saison ausfallen soll. Zur Auswahl stehen 22, 16 oder nur 10 Rennen. Natürlich gibt es auch den "Pro-Modus", die komplett vollwertige F1-Erfahrung ohne Fahrhilfen oder visuelle Unterstützung für Hardcore-Racer, die eine knallharte Herausforderung suchen. Die F1-Serie war in der Vergangenheit schon recht zugänglich, mit den vielen Anpassungen erreicht die Reihe aber ein neues Level und öffnet so sicherlich die Tür für viele neue Spielerinnen und Spieler, die der Serie bisher ferngeblieben sind. Einige Bereiche haben sich mit dem neuen Ableger angenehm weiterentwickelt, altbekannte Problemchen bleiben aber ein weiteres Jahr ambitionslos am Straßenrand liegen.
Trailer
Viel Fortschritt mit altbekannten Makeln
Die F1-Serie von Codemasters gilt zwar nicht als der grafische König des Racing-Genres, die Serie kann aber jedes Jahr mit einer guten technischen Darstellung überzeugen. Besonders die Nacht- und Regenrennen gewinnen durch optische Aufwertungen nochmal an Realismus und die gesamte Präsentation findet sich noch näher an den offiziellen TV-Übertragungen. Der Abstände zu den anderen Fahrzeugen werden ab sofort live angezeigt und nicht mehr nur nach jedem einzelnen Sektor, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Außerdem wurde das ERS-System überarbeitet, fortan gibt es einen "Überholknopf", der das innovative System der F1 realistischer darstellt und obendrein spannendere Strategien auf der Strecke zulässt. Auch ein im oberen Bildschirm positionierter Rückspiegel kann in den optischen Einstellungen ein- und ausgeschaltet werden.
Der Fortschritt auf der Strecke ist ebenfalls spürbarer, als es in den letzten Jahren der Fall war. Besonders der Grip am Kurvenausgang hat sich positiv entwickelt, wodurch das gesamte Fahrgefühl an Schnelligkeit und Dynamik gewinnt. Auch das Strafensystem wurde überarbeitet und verbessert. Die K.I. hat zwar einen soliden Schritt nach Vorne gemacht, jedoch bleibt die Konkurrenz auch weiterhin viel zu häufig auf der Ideallinie kleben, selbst wenn das in gewissen Rennmomenten wenig Sinn ergibt und dadurch in unnötigen Berührungen mündet. Im gleichen Atemzug können wir auch auf den größten Kritikpunkt der Reihe eingehen: Das Schadensmodell. Wie zu erwarten gibt es auch in F1 2020 wenig Fortschritt zu vermelden. Zwar können wir in den Optionen das Schadensmodell auf realistisch einstellen, die optischen Schäden bleiben aber weiterhin unrealistisch gering. Reifenabbau und technische Makel sind jedoch näher am Realismus, als es noch in F1 2019 der Fall war. Eine wichtige Neuerung ist ein dynamischer Fahrermarkt, der die Pforten zwischen der Formel 1 und der Formel 2 öffnet. F1-Fahrer können also jederzeit absteigen, sollten wichtige Ergebnisse ausbleiben. Jungtalente aus der Formel 2 hingegen haben immer die Chance, sich in der Königsklasse zu etablieren. Rennsport ist eben ein hartes Business und wer sich an der Spitze halten möchte, der muss jedes Wochenende aufs Neue Höchstleistung abliefern.
Abseits der Strecke zeigt F1 2020 hingegen kaum eine wirkliche Weiterentwicklung. Die Gesichter und Animationen der Fahrer sind meilenweit entfernt von Realismus, Fans auf den Tribünen sind weiterhin fast stumm. Die Serie würde durch laute Fangesänge und Jubelschreie enorm an Atmosphäre gewinnen. Ein weiterer Killer für die F1-Stimmung sind die enttäuschenden Interviews und Kommentatoren. Die aufkommenden Fragen haben häufig nur wenig mit dem eigentlichen Rennverlauf zu tun und das Sprecher-Duo, bestehend aus Heiko Wasser (F1-Kommentator bei RTL) und Stefan Römer, wirkt oft so, als würde es schlicht mit einem Block voller Standardphrasen arbeiten, die jedes Wochenende aufs Neue abgearbeitet werden. Auch unser Ansprechpartner auf der Strecke scheint nicht wirklich über unseren Rennverlauf Bescheid zu wissen. Bei unserem via Knopfdruck anforderbaren Statusbericht erzählt er uns immer wieder "Er sei in die Box gefahren". Wer "er" ist und wie das zu jedem Zeitpunkt zutreffen kann, bleibt uns ein Rätsel.
In unserem Test lief F1 2020, egal, ob bei der primär von uns getesteten Xbox- oder den angespielten PC- und PS4-Fassungen, durchgehend reibungslos. Einzig die überraschend langen Ladezeiten fallen negativ auf. Auf einem Core i5-9300H (Nvidia GTX 1650 mit 4GB GDDR5-RAM) erreicht F1 2020 in Full-HD bei mittleren Details 105 FPS. Ultrahohe Details hingegen präsentieren sich auf 60 FPS. Für unseren Hardware-Test und Tuning-Artikel haben wir ebenfalls auf einen PC von Captiva (Captiva R52-681) mit einem Ryzen 5 3600X, einer GTX 1660 Super (6GB) und 16GB RAM zurückgegriffen. Auf diesem lief das Rennspiel bei ultrahohen Details zwischen 70 und 97 FPS. Selbst in 4K schafft der PC noch immer gute 45 FPS.
Ist es nun das beste F1 aller Zeiten?!
In unserer Vorschau im Mai 2020 haben wir behauptet, F1 2020 könne das beste F1-Spiel aller Zeiten werden. Ob das geklappt hat? Absolut! Die angesprochenen Negativ-Aspekte halten die Serie auch weiterhin von einer 100% realistischen Darstellung der Königsklasse ab, die Serie kommt aber mit jedem neuen Teil ein Stück näher dran. Der neue Mein-Team-Modus ist die größte Neuerung (und Verbesserung) der letzten Jahre und fügt sich prima in das F1-Spielprinzip ein. Abseits davon kommt F1 2020 mit einem sehr großen Umfang um die Ecke.
Die vielen Anpassungen bezüglich Fahrgefühl, Strafensystem, der TV-nahen Präsentation und der Technik legen da noch eine Schippe drauf. F1 2020 ist nicht nur das beste F1-Spiel, es ist auch das vielleicht beste Rennspiel des Jahres. Gut gemacht, Codemasters. Nach so einem umfangreichen und tollen Produkt könnt ihr euch ja nächstes Jahr auf die Problemchen abseits der Strecke konzentrieren. Dann wäre das Spielgefühl nämlich kaum mehr von der echten Königsklasse zu unterscheiden.
Fazit
F1 2020
58.48Pro
- Durch und durch gelungener "Mein-Team"-Modus
- Mit der klassischen Karriere gleich zwei Solo-Kampagnen
- Spürbar realistischeres und spaßigeres Fahrgefühl
- Splitscreen-Modus für bis zu zwei Spieler
- Läuft technisch auf Konsolen und PC einwandfrei
Contra
- Teils überraschend lange Ladezeiten
- Abseits der Strecke hölzern und altbacken
- Kommentatoren, Interviews und Boxenfunk enorm unrealistisch
- Auch weiterhin enttäuschendes Schadensmodell